Clean Industrial Deal & Circular Economy Act: Europa denkt strategisch
Joachim Quoden, Geschäftsleiter von EXPRA führte ein in die verschiedenen EU-Regularien. Mit dem Clean Industrial Deal setzt die EU gezielt auf eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und die Transformation der Industrie hin zu einem resilienten, ressourcenschonenden Wirtschaftsmodell. Im Zentrum stehen die Stärkung europäischer Lieferketten, die Unabhängigkeit von kritischen Rohstoffen und die Förderung zirkulärer Geschäftsmodelle. Auch die Kreislaufwirtschaft hat Priorität, bis 2030 soll die EU Weltmarktführer in der Kreislaufwirtschaft werden.
Ein weiteres zentrales Element ist der angekündigte Circular Economy Act (geplant für 2026). Ziel ist es, den Übergang zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen und sicherzustellen, dass knappe Materialien effizient genutzt und wiederverwendet werden. Der Act soll die globalen Abhängigkeiten der EU reduzieren, hochwertige Arbeitsplätze schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern. Bis 2030 soll die Zirkularitätsquote von heute 11,8 Prozent auf 24 Prozent steigen.
Deep Dive: Die neue Verpackungsverordnung (PPWR)
Im Gegensatz zur Stossrichtung der oben beschriebenen Gesetzgebung (Wettbewerbsfähigkeit steigern und Bürokratie abbauen), wird die PPWR eher als Gegenteil davon eingestuft, als «Bürokratiemonster».
Zum Hintergrund: Die PPWR, das neue Regelwerk für Verpackungen in der EU, trat am 11. Februar 2025 in Kraft. Die Verordnung bringt tiefgreifende Änderungen – mit Auswirkungen auf Design, Materialien, Rücknahme und Datenpflichten, z.B:
- Rezyklierbarkeit als Voraussetzung: Nur noch Verpackungen, die recycelbar sind, dürfen in der EU in Verkehr gebracht werden. Bis 2028 folgen die Veröffentlichung von Design for Recycling Guidelines.
- Mindest-Rezyklatanteile: Verpackungen mit Kunststoffanteilen müssen ab 2030 zu einem Mindestprozentsatz aus Rezyklaten hergestellt werden (je nach Produkt zwischen 10 und 35 %)
- Verbote für bestimmte Einwegverpackungen aus Kunststoff z. B. Hoteltoilettenartikel, Verpackungen von unverarbeitetem Obst
- Reduktionsziele für Verpackungsabfall, -5 % bis 2030, -10 % bis 2035,-15 % bis 2040
- Wiederverwendbare Verpackungen: Unternehmen müssen z. B. 10 % ihrer Take-away-Verpackungen wiederverwendbar gestalten
- Neue Kennzeichnungsvorschriften für bessere Sortierung, harmonisiert in ganz Europa
- Herstellerregister & Eco-Modulation nach Recyclingfähigkeit
Gesetzestext siehe hier
Dr. Alexander Dröge, Generalsekretär der Zentralen Stelle Verpackungsregister aus Deutschland in die Rollen und Pflichten der Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) ein. Dabei ist insbesondere die Bedeutung des Herstellers, welcher Erzeuger, Importeur oder Vertreiber einer Verpackung ist, zentral. Die Dokumentationserfordernisse für die technische Dokumentation und Konformitätserklärung sind sehr anspruchsvoll, sichern aber auch einen fairen Wettbewerb. Wichtig ist, dass der Datenstrom europaweit einheitlich organisiert ist. Dazu laufen auch Initiativen in verschiedenen Ländern.
Die PPWR stellt damit weit mehr als nur neue Quoten in den Raum – sie setzt auf Systemwandel, Datenqualität und Verantwortungsübernahme entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Was bedeutet das für die Schweiz?
Ob als Exporteure, durch Lieferkettenbeziehungen oder durch regulatorische Nähe – Schweizer Unternehmen sind betroffen. Deshalb gilt es sich vorzubereiten, die Kreislauffähigkeit der eigenen Produkte zu prüfen und zu verbessern, und Daten-Strukturen auf den Prüfstand zu stellen.
Auch auf nationaler Ebene bewegt sich einiges: In der Schweiz folgen z.B. demnächst Vernehmlassungen zur Umsetzung der Motion und weiteren Paketen im Rahmen der Revision des Umweltschutzgesetzes. Mehr dazu auf der Seite des BAFU: Abfallpolitik
Fazit: Kreislaufwirtschaft braucht mehr als Quoten
Während die EU vermehrt auf quantitative Ziele setzt, sind in der Schweiz bislang nur wenige Quoten definiert. Das ist jedoch kein Nachteil: Was es braucht, sind ganzheitliche Zielsetzungen und den Rahmen durch die Politik – die Branche muss dann entsprechend umsetzen.
Und die Branche liefert: Die Recycling-Systeme bzw. Branchenorganisationen ermöglichen eine koordinierte, ganzheitliche Umsetzung der Kreislaufschliessung. Bewährte Systeme nach erweiterter Produzentenverantwortung (EPR), wie z.B. jene im Bereich der PET-Getränkeflaschen, zeigen, wie ein Kreislauf ganzheitlich geschlossen werden kann. Vor diesem Hintergrund ist auch RecyPac entstanden, die Branchenorganisation für Gemischtkunststoff-Verpackungen und Getränkekarton.
Welchen Nutzen die Recycling-Systeme bringen und weitere spannende Kennzahlen, Stofffluss-Transparenz und Massnahmen zur Weitentwicklung zum Recycling und der Kreislaufwirtschaft werden wir auch Ende diesen Jahres wieder in unserem Leistungsbericht ausweisen. Wir bleiben dran – gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Partnern entwickeln wir die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz kontinuierlich weiter.
Für alle, die nicht live dabei sein konnten, steht in der Toolbox von Swiss Recycle eine Aufzeichnung zur Verfügung. Als Partner Swiss Recycle können Sie in unserer Toolbox kostenlos auf alle unsere Webinar Aufzeichnungen zugreifen. Falls Sie kein Partner sind und Interesse am Webinar haben, melden Sie sich bei uns.