Die Kommission betont, dass…
- die Kreislaufwirtschaft über das Potenzial zur Schaffung vieler Arbeitsplätze in Europa verfügt
- gleichzeitig wertvolle und knappe Ressourcen bewahrt werden
- die Auswirkung der Ressourcennutzung auf die Umwelt verringert werden und
- Abfallprodukten neuen Wert zugeführt wird.
Schlüsselmassnahmen
Folgende Schlüsselmassnahmen beinhaltet das Paket:
- 65 % Recycling von Siedlungsabfällen bis 2030.
- 75 % Recycling von Verpackungsabfällen bis 2030.
- Vereinfachte und verbesserte Definitionen und harmonisierte Berechnungsverfahren für Recyclingraten.
- Reduktion Lebensmittelverschwendung um 50 % bis 2030.
- Entwicklung von Qualitäts-Standards für Sekundär-Rohstoffe.
- Konkrete Massnahmen zur Förderung der Wiederverwendung und Stimulierung der Industriesymbiose (Abfälle des einen sind Rohstoffe des anderen).
- Wirtschaftliche Anreize für Erzeuger, die umweltfreundlichere Erzeugnisse auf den Markt bringen, und Unterstützung von Verwertungs- und Recyclingsystemen.
- Öko-Design-Massnahmen für Förderung Reparaturfähigkeit, Haltbarkeit und Rezyklierfähigkeit.
- Strategie für Kunststoffe im Kreislauf (Recyclingfähigkeit, Abbaubarkeit, gefährliche Stoffe, Reduzierung Stoffe im Meer).
Treiber Kreislaufwirtschaft
Seit der industriellen Revolution hat die Abfallmenge kontinuierlich zugenommen. Diese Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass die europäischen Volkswirtschaften einem Wachstumspfad nach dem Motto „Nehmen – Herstellen – Verbrauchen – Entsorgen“ gefolgt sind – einem linearen Modell, das auf der Annahme beruht, dass Ressourcen im Überfluss vorhanden, verfügbar, leicht zu gewinnen und kostengünstig zu entsorgen sind. Zunehmend wird erkannt, dass dies die Wettbewerbsfähigkeit Europas gefährdet. Ein Übergang zur stärker kreislauforientierten Wirtschaft ist unverzichtbar.
In einem Kreislaufwirtschaftssystem wird der in den Produkten enthaltene Mehrwert so lange wie möglich erhalten; Abfälle gibt es zumindest theoretisch nicht mehr. Wenn ein Produkt das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat, verbleiben die Ressourcen möglichst in der Wirtschaft, so dass sie immer wieder produktiv genutzt werden können und damit eine weitere Wertschöpfung erlauben.
Eine Kreislaufwirtschaft setzt folgende Bedingungen voraus:
- Eine optimierte Produktelebensdauer.
- Eine Verringerung des Materials, das gefährlich oder schwierig zu recyceln ist.
- Die Schaffung / Notwenigkeit von Sekundärmärkten.
- Intelligentes Produktedesign (einfach zu reparieren und aufzurüsten, „Design for Recycling“).
- Anreize zur Abfallverminderung und richtigem Separatsammeln für die Bevölkerung schaffen.
- Das Ermöglichen von industriellen Verbänden, die Nebenprodukte austauschen und damit Abfälle vermeiden.
- Unterstützung zum Leihen oder Leasen von Produkten statt diese zu erwerben (neue Geschäftsmodelle).
(Quelle: ergänzt und übernommen aus „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft: Ein Null-Abfallprogramm für Europa“ und frei übersetzt aus https://ec.europa.eu/environment/topics/circular-economy_en)
Kritik
- Eines der Hauptthemen des Kommissionspaketes betrifft die Quotensteigerung oder gar –maximierung der wiederverwertbaren Fraktionen wie Glas, Aluminium, Lebensmittelabfälle etc. oder der Siedlungsabfälle allgemein. Das Anstreben eines reinen Maximums lässt unter Umständen andere Aspekte wie die ökonomische und auch ökologische Sinnhaftigkeit ausser Acht.
- Das Messverfahren zur Bestimmung der tatsächlichen Recyclingmenge muss erläutert werden, damit jedes Mitgliedland mit den gleichen Indikatoren rechnet. Ein Vergleich macht nur Sinn, wenn die Berechnungsgrundlagen auf denselben Massstäben beruhen und überprüfbar sind.
- Richtig und wichtig sind die Massnahmen für mehr Rezyklierfähigkeit. Schlüssel zu mehr Recycling ist ein verbessertes Design for Recycling der Produkte und Verpackungen.
Vergleich Recycling Schweiz / EU
Unterschiede
In der Schweiz werden heute 50 % der Siedlungsabfälle rezykliert und 50 % verbrennen in den Kehrichtverbrennungsanlagen – Tendenz gleich bleibend. In der EU28 wurden 2012 noch 34 % der Siedlungsabfälle unbehandelt deponiert (24 % verbrannt, 27 % recycelt und 15 % kompostiert). Der durchschnittliche Anfall von Siedlungsabfall beträgt in der EU28 492 kg pro Kopf und Jahr, in der Schweiz rund 700 kg. Innerhalb der EU ist die Spannbreite jedoch sehr gross, so variiert die Siedlungsabfallmenge von 279 kg in Estland bis 668 kg in Dänemark.
Ein direkter Vergleich EU-Schweiz ist schwierig und heikel, da es sich um zwei unterschiedliche Ausgangslagen handelt: Während die gesamte Bevölkerung der Schweiz bereits seit über 20 Jahren mit der Separatsammlung von vielen Wertstoffen vertraut und sich deren Vorteil bewusst ist, gibt es in der EU Länder, die nach wie vor einen Grossteil der Siedlungsabfälle unbehandelt deponiert.
Gemeinsamkeiten
Die Gründe für das Streben nach einer Kreislaufwirtschaft sind hingegen dieselben: Unabhängigkeit von Importen, Energie- und Kosteneinsparungen, CO2-eq-Einsparungen, Ressourcen-Effizienz.
Gemeinsamkeiten finden sich auch in der Notwendigkeit nach dem (dauerhaft gesicherten) Vorhandensein eines Sekundärmarktes, dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und kann nicht nur über maximale Recycling-Quoten gesteuert werden, sondern zum Beispiel auch über Design for Recycling und Marktanreize.
Fazit
EU
Das EU-Paket geht in Richtung ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfungskette: Wie recyclingfähig sind die Produkte, die in den Markt kommen? Schlüssel für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen sind neben dem Recycling auch die Materialherkunft, -wahl und vor allem die Materialintensität. Wichtige Faktoren wie die Nettokosten der eingesparten Umweltwirkung oder die Akzeptanz der Bevölkerung gilt es ebenfalls zu berücksichtigen.
Schweiz
Die Analyse der Kehrichtzusammensetzung 2012 vom BAFU (siehe Weiterführende Informationen) zeigt, dass es in der Schweiz ein realistisches Potenzial von 344‘000 t gibt, die man noch zusätzlich recyceln könnte. Überträgt man das EU Ziel von 65 % auf die Schweiz, müssten aber zusätzliche 800‘000 t Siedlungsabfälle separat gesammelt werden. Dieser Vergleich zeigt, dass weitergehende Massnahmen wie angepasstes Design for Recycling und damit höhere Verwertungspotenzial realisiert werden müssen, damit wir nicht Abfälle separat sammeln, die nicht sinnvoll stofflich verwertet werden können.