Ein heisser Donnerstagmittag im Sommer 2025. Ein LKW mit einem rostroten 40-Fuss-Container rollt im Schritttempo von einem Vorplatz im Berner Liebefeld. Geladen hat er etwas mehr als 480 Velos. In verschiedenen Grössen und Modellen, allesamt fahrtüchtig. Einzig die Sättel, Pedale und Vorderräder sind abmontiert und an die Rahmen gebunden, für einen schadlosen Transport. Die Velos sind nicht neu. Sie wurden von Menschen in der Schweiz an die Non-Profit-Organisation Velafrica gespendet und in sozialen Betrieben in der Schweiz wieder flottgemacht. Ihr Ziel? Eine Velowerkstatt in Tansania. Es ist bereits der 26 Container in diesem Jahr, den Velafrica auf die Reise schickt. Bis Ende Jahr sollen 30 weitere folgen.
Velafrica vereint seit über 30 Jahren Integrationsarbeit in der Schweiz und Entwicklungszusammenarbeit in Afrika. Die Organisation verfolgt dabei die Vision einer Welt, in der alle Menschen die Vorteile der Velomobilität zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen nutzen können. Denn ein Velo ist viel mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Es erleichtert den Warentransport zum Markt, es bringt Gesundheitspersonal in die entlegensten Dörfer, es macht Schulwege sicherer. Und bei Velafricas Partnerunternehmen in der Schweiz und in Afrika bietet es Arbeitsinhalte und ermöglicht ein regelmässiges Einkommen.
Jedem Velo seine Bestimmung
Für die Reparatur der Spendenvelos darf Velafrica auf die Unterstützung von 35 Partnerbetrieben in der Schweiz zählen, die arbeitsmarktliche Massnahmen leisten. Die Arbeit rund ums Velo bietet spannende Lehrinhalte für Jugendliche, ist eine sinnstiftende Tätigkeit für Menschen im Justizvollzug und stärkt stellenlose Menschen in ihrem Alltag. Bei der Reparatur der Velos orientieren sie sich an den Qualitätsstandards von Velafrica, denn die Organisation exportiert nur fahrtüchtige Velos – gesammelt werden aber alle Velos, unabhängig von Grösse, Typ und Zustand.
Denn auch diejenigen Velos, die für eine Reparatur zu stark beschädigt sind, finden eine sinnvolle Verwendung: Spezialisierte Verarbeitungsbetriebe zerlegen sie zu Ersatzteilen. Die Ersatzteile spielen eine zentrale Rolle im Warenkreislauf. Einerseits können die Betriebe in der Schweiz damit Spendenvelos reparieren. Andererseits gelangen sie in den Export für Reparaturen bei den Südpartnern. Im Süden setzt Velafrica auf die Ausbildung von Velomechaniker:innen, damit die Velos fachkundig repariert und gewartet werden und somit noch viel länger im Einsatz bleiben.
Eine Herausforderung bleibt der Umgang mit gespendeten E-Bikes: Aus regulatorischen und ökologischen Gründen gelangen diese nicht in den Export. Sie liefern jedoch auch hochwertige Ersatzteile. Um diese bestmöglich zu nutzen und der Marktentwicklung Rechnung zu tragen, hat Velafrica 2024 drei Kompetenzzentren in der Verarbeitung von E-Bikes aufgebaut. Zudem erhalten Batterien und Motoren ein zweites Leben dank einer Zusammenarbeit mit dem auf Batterien-Upcycling spezialisierten Unternehmen upVolt.