Da die Schweiz nicht Mitglied der Europäischen Union ist, sind die Regelungen der EU über Verpackungen für unser Land nicht bindend. Dennoch sind die Behörden im Interesse eines unbehinderten Warenaustausches mit dem Ausland bestrebt, die nationalen Vorschriften mit den Regeln der EU zu harmonisieren. Die schweizerische Gesetzgebung im Unterschied zu jener von Nachbarländern wie Frankreich zielt nicht direkt auf sämtliche Verpackungen: Eine generelle Verpackungsverordnung gibt es hierzulande nicht und es ist aktuell auch keine solche geplant.
Hingegen gibt es Vorschriften, welche gewisse Verpackungsarten oder -eigenschaften betreffen. So sind im Schweizer Umweltschutzgesetz, insbesondere Art. 30 bis 30e, 32/32a bis Kapitel Abfälle, als auch in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung einige Bestimmungen enthalten, die für Verpackungen relevant sind. Am meisten ökologisch motivierte Vorschriften gelten bezüglich Verpackungen im Bereich Getränke (VGV, Verordnung über Getränkeverpackungen). Allerdings sind dort Milchprodukte nicht mit inbegriffen.
Recyclingsysteme in der Schweiz
Die Kosten der Abfallentsorgung sind nach dem Verursacherprinzip zu tragen (vgl. USG Art. 2). Das Recycling der verwertbaren Abfälle wird in der Regel durch eine vorgezogene Entsorgungsgebühr (VEG) oder einen vorgezogenen Recyclingbeitrag (VRB) finanziert und die Entsorgung der übrigen Siedlungsabfälle durch eine Gebühr auf den Kehrichtsack.
Im Verpackungsbereich ist momentan lediglich die vorgezogene Entsorgungsgebühr auf Glasflaschen gesetzlich vorgeschrieben. Freiwillige, privatwirtschaftliche Systeme nehmen sich der Verwertung von PET-Getränkeflaschen (PET Recycling Schweiz), Aluminiumdosen (Igora Genossenschaft) und Weissblechbüchsen (Ferro Recycling) an. Die Hersteller, Importeure und Händler zahlen die vorgezogenen Recyclingbeiträge an die zuständige Organisation.
Damit der Recycling-Kreislauf funktioniert, braucht es das Zusammenspiel verschiedener Akteure der Wertschöpfungskette. Das ganze Recyclingsystem inklusive Qualität des Rezyklats wird dabei von einer Organisation überwacht, betrieben und finanziell geregelt. Die folgenden Recyclingorganisationen zeigen sich dafür
zuständig (über Verpackungen hinaus):
- Ferro-Recycling für Stahlblechverpackungen
- Igora für Aluminiumverpackungen
- Inobat für Batterien und Akkumulatoren
- PET-Recycling Schweiz für PET-Getränkeflaschen
- SENS für Elektro- und Elektronikgeräte und Leuchtmittel
- Swico für Elektro- und Elektronikgeräte
- VetroSwiss für Glas
Für Textilien, Papier und Karton besteht bislang kein System, das nach Erweiterter Produzenten Verantwortung (EPV) finanziert ist.
Für die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft von Kunststoffverpackungen und Getränkekartons haben Produzenten und Akteure der Wertschöpfungskette am 30. November 2023 den neuen Verein «RecyPac - Kreislauf Plastik und Getränkekarton» gegründet. Er verfolgt das Ziel, eine harmonisierte, flächendeckende Sammlung und Verwertung in der Schweiz zu etablieren.
Theoretische vs. praktische Rezyklierbarkeit
Rezyklierbarkeit ist die Basis für eine sinnvolle Separatsammlung. Um die Rezyklierbarkeit von Verpackungen / Produkten
sicherzustellen, sind folgende Punkte essenziell:
- Technische Machbarkeit des benötigten Recyclingprozesses
- Dauerhaft gesicherte Nachfrage im Sekundärmarkt des Rezyklats
- Öko-Effzienz-Perspektive: Die Verpackung bzw. das Produkt muss ökologisch und ökonomisch sinnvoll rezykliert werden können.
Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen der theoretischen und der tatsächlichen bzw. praktischen Rezyklierbarkeit.
Theoretische Rezyklierbarkeit bedeutet, dass die Verpackung bzw. das Produkt theoretisch gemäss den aktuellen Design for Recycling -Guideline rezykliert werden kann.
Damit aus der Theorie eine tatsächliche bzw. praktische Rezyklierbarkeit werden kann, muss die Infrastruktur für die Sammlung, Sortierung und Verwertung eines Produktes / einer Verpackung im jeweiligen Land vorhanden sein. Zudem muss ein entsprechender Sekundärmarkt für das Rezkylat bestehen, der Umweltnutzen gegeben und das Konsument*innenverhalten geklärt sein. Eine praktische Rezyklierbarkeit besteht in der Schweiz beispielsweise für PET-Getränkeflaschen, Alu-Dosen, Weiss- und Stahlblech, Elektrogeräte, Batterien oder Glas etc.
Übergeordnete Ökodesign-Empfehlungen finden Sie hier.
Auslobung und Rezyklierbarkeits-Tests
Um festzustellen, ob die eigene Verpackung bzw. das eigene Produkt tatsächlich oder nur theoretisch rezyklierbar ist, gibt es die folgenden Möglichkeiten.
Für Kunststoffverpackungen:
- Orientieren Sie sich an Schweizer Guidelines: Beispielsweise an jenen von RecyClass oder von Ceflex.
- Lassen Sie Ihre Kunststoffverpackung prüfen: RecyClass, eine Initiative der Plastic Recyclers Europe, hat auf wissenschaftlichen Tests basierende «Design for Recycling»-Guidelines für Kunststoffverpackungen entwickelt, nach denen Verpackungen auf ihre tatsächliche Rezyklierbarkeit getestet werden können.
Für Papier- und Kartonverpackungen:
- Orientieren Sie sich an den 4evergreen-Guidelines.
- Bitte beachten Sie, dass in der Schweiz nur der «blaue Strom» nach 4evergreen gesammelt wird. Der blaue Strom ist gemäss Positiv-Negativliste RPK definiert. Wenn eine Verpackung gemäss 4evergreen im blauen Strom in einer Standard mill (Karton) oder Deinking mill (Papier) rezyklierbar ist, und bei RPK nicht auf der Negativliste steht, gilt sie in der Schweiz grundsätzlich als rezyklierbar. Im Zweifelsfall empfehlen wir Tests in den Laboren bei Perlen und Model.
Für alle Verpackungen:
- Orientieren Sie sich an den Guidelines.
- Lassen Sie Ihre Verpackung testen
- Werden Sie Partner von Swiss Recycle und treiben Sie die praktische Rezyklierbarkeit aktiv voran.
Weiterführende Infos finden Sie hier.
Beschriftung von Verpackungen/Produkten
In der Schweiz gibt es rechtlich keine Vorschrift darüber, was betreffend Entsorgung auf einem Produkt bzw. dessen Verpackung stehen muss.
Allerdings gelten die Verpackungsbeschriftungen auch als Werbeaussagen (z.B. «Verpackung recycelbar») und dabei gilt es das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Dieses schreibt vor, dass Informationen (Angaben), die an die Konsument*innen vermittelt werden, richtig und wahr sein müssen (Wahrheitsgebot) und nicht irreführend sein dürfen (Irreführungs- und Täuschungsgebot). Wenn eine Verpackung als «recycelbar» gekennzeichnet wird, muss in der Schweiz also eine tatsächliche Recyclingsituation bestehen. Sprich die Konsument*innen müssen die Möglichkeit haben, die Verpackung der entsprechenden Sammlung und somit dem Recycling zuzuführen.
Die ISO-Norm 14020 gibt auf internationaler Ebene eine Grundlage zur Anleitung von Umweltkennzeichnung und Umweltdeklaration von Produkten an. Zudem wird auf europäischer Ebene eine Verordnung kommen, die Unternehmen dazu verpflichten, ihre Angaben zum ökologischen Fussabdruck ihrer Produkte / Dienstleistungen anhand standardisierter Quantifizierungsmethoden zu belegen. Ziel ist es, die entsprechenden Angaben in der gesamten EU zuverlässig, vergleichbar und überprüfbar zu machen und so „Greenwashing“ (d. h. die Vermittlung eines falschen Eindrucks der Umweltauswirkungen eines Unternehmens) zu verhindern.
Zusammenfassend sollten Claims bezüglich Umwelt nicht irreführend, sondern begründet und überprüfbar sein. Die Eigenschaft muss real und darf nicht nur hypothetisch gegeben sein – sprich darf keine theoretische, sondern nur eine tatsächliche Rezyklierbarkeit kommuniziert werden.
Empfehlungen für die Beschriftung
Swiss Recycling stellt eine Palette von Recycling-Piktogrammen bereit. Dabei besteht der Anspruch, dass landesweit dieselben Piktogramme verwendet werden und damit die korrekte Entsorgung zu erleichtern und fördern. Diese Piktogramme stehen in eckigen und runden Rahmen auf www.swissrecycling.ch/de/firmen/piktogramme zum Download zur Verfügung. Die Verwendung dieser Piktogramme ist freiwillig.
Tipp 1: Eine Produkteverpackung sollte Hinweise auf den in der Schweiz angestrebten Entsorgungsweg der einzelnen Verpackungsteile und des Produktes haben. Der Entsorgungsweg des verpackten Produktes kann unter Umständen auch auf diesem selbst abgedruckt werden. Die Kennzeichnung kann mittels Piktogramme erreicht werden.
Tipp 2: Die Kennzeichnung soll auf der am besten sichtbaren Verpackung angebracht werden, idealerweise zusammen mit textlichen Hinweisen dazu, welche Bestandteile wie gesammelt und entsorgt werden müssen.
Tipp 3: Es gilt möglichst alle Produktteile zu beschriften (z.B. Joghurtbecher: Banderole, Becher und Deckel). Bei mehreren Produktteilen und unterschiedlichen Entsorgungswegen empfehlen wir zusätzlich das generische Recycling-Piktogramm anzubringen (siehe Website). So werden die Konsument*innen darauf aufmerksam gemacht, dass die Art und Weise, wie das Produkte entsorgt bzw. rezykliert werden muss, folgt. Weitere Infos dazu finden Sie in unserem Leitfaden Produktebeschriftung.