Bei der Sammlung von Pizzakartons, Kaffeebechern oder weiteren Lebensmittelverpackungen aus Karton und Papier kommt es immer wieder zu Unklarheiten. Im nahen Ausland, z.B. in Deutschland, gehören Pizzakartons (ohne Essensreste) beispielsweise ins Altpapier (siehe den Artikel von utopia.de).
Auch für Kaffeebecher wird beispielsweise in Frankreich von der Alliance Gobelet Carton ein Sammelsystem angeboten. In der Schweiz werden Kaffeebecher vereinzelt ebenfalls von Anbietern wie Leomat sortenrein gesammelt und in industriellen Kompostieranlagen verwertet.
Doch wie stehen Gemeinden oder Recycler der Sammlung und Verwertung von solchen Kartonverpackungen gegenüber? Mit welchen Herausforderungen haben sie zu kämpfen? Und wären Mehrweg-Alternativen eine wünschenswerte Lösung? Wir haben in unserem Juni-Webinar nachgefragt.
Probleme mit der Sammelqualität
Anhand des Beispiels der Stadt Chur zeigte beispielsweise Hansjürg Bundi, Sachbearbeiter Logistik in Chur, die Problematik mit Kartonverpackungen wie Pizzakartons auf. Zusammen mit den Kartons aus dem Online-Handel ist die Menge letztes Jahr um 16% gestiegen.
Die vielen Kartonschachteln, oft ineinandergesteckt anstatt gefaltet und gestapelt, versperren an manchen Stellen zunehmend den Gehsteig oder stören das Stadtbild. Dabei ist auch eine schlechtere Qualität der Kartonsammlung zu bemerken, da auch Fremdstoffe wie Restmüll den Weg in die deponierten Kartonschachteln finden.
Die grössere Menge führt zu einem immer grösseren Aufwand bei der Holsammlung. Zudem sei es schwierig und aufwändig, der Bevölkerung zu vermitteln, was in die Kartonsammlung gehört und was nicht. Eine Kommunikation in den Landessprachen reiche meist nicht, sondern muss noch in weitere Fremdsprachen übersetzt werden.
Keinen allgemeingültigen Standard für Pizzakartons
David Model, Head of Recovered Paper bei dem Verpackungs-Unternehmen Model Group, beleuchtete anschliessend eine andere Seite in der Wertschöpfungskette – nämlich diejenige der Recycler und Verpackungsproduzenten. Als Unternehmen seien sie auf eine hochwertige Sammelqualität in den Gemeinden und eine gute Vorsortierung auf den Sammelstellen angewiesen, um Fremdstoffe im Sammelgut möglichst zu verhindern.
Laut der Lieferantenanforderungsliste von Model darf max. 1% Fremdstoffe im Rezyklat von Karton und Papier vorkommen, ansonsten gibt es Abzüge beim Materialwert. Verpackungen mit Lebensmittelkontakt wie Pizzakartons werden daher kategorisch abgelehnt, um solche Verschmutzungen zu verhindern.
Allerdings gibt es trotzdem in der Praxis kleinere Mengen von Pizzakartons, die angeliefert werden, da keine einheitlichen Standards bei den Sammlungen bestehen. Solange diese sauber sind, z.B. durch Einlagen aus Pergamin, die den Karton vor Verschmutzung schützen, können die Pizzaschachteln von Model wiederverwertet werden. Mit Fett verschmutzte Schachteln sind jedoch nur noch thermisch verwertbar. Verschmutzte Kartons und Fremdstoffe führen daher zu Mehraufwand und erhöhen die Kosten.
Auch im Unterwegskonsum können grössere Mengen von Pizzaschachteln zu Problemen und überfüllten Kehrichtbehältern führen. Erste Städte und Gemeinden reagieren nun mit extra Pizzakartonbehältern darauf. Mitarbeitende des Werkhofs Cham haben beispielsweise extra Ablageflächen für grosse und sperrige Verpackungen entwickelt. Mehr Informationen zum Vorgehen in Cham finden Sie im folgenden Artikel: www.20min.ch/story/gemeindearbeiter-loesen-pizzaschachtel-problem-873535837604.
Abfall vermeiden dank Mehrweg
Auch Kaffeebecher aus Karton können heutzutage noch nicht bei Model rezykliert werden. Die Beschichtungen sowie die Restflüssigkeiten führen dazu, dass diese Becher nicht weiterverwertet werden können. Allerdings können neuere Innovationen mit anderen Beschichtungen in Zukunft hoffentlich dazu beitragen, diesen Zustand zu ändern.
Innovativ ist auch das Unternehmen Recircle unterwegs, das Mehrwegverpackungen im Take Away-Bereich revolutionieren möchte. Das Berner Start-Up rund um Geschäftsführerin Jeannette Morath bietet Mehrweg-Verpackungen an, die bei Restaurants und Take Aways für ein Depot von CHF 10 erworben und nach Gebrauch wieder zurückgebracht oder nochmals verwendet werden können. Die Mission ist einfach und doch effektiv: Recircle ersetzt Einwegverpackungen durch wiederverwendbare, sichere und ökologischere Produkte, durch Schliessung der Stoffkreisläufe und Erhältlichkeit im Netzwerk.
Mittlerweile werden nebst den herkömmlichen Boxen auch Mehrweg-Pizza-Boxen sowie Kaffeebecher angeboten. Denn das Unternehmen ist sich sicher: Wiederverwenden ist ökologischer als nach einmaligem Gebrauch zu recyceln, kompostieren oder thermisch zu verwerten. Dies beweisen auch aktuelle Ökobilanzen in diesem Bereich. Weitere Infos dazu unter www.recircle.ch.